
In der Landeshauptstadt steppt der Bär. Noch drei Tage bis zum nationalen Erinnerungsfest an die wunder-volle Befreiung des Volkes aus Unterdrückung und Sklaverei. Wer es irgendwie möglich machen kann, kommt in diesen Tagen hierher, denn nur im einzigen Tempel des Landes finden die prachtvollen Feiern mit Musik und Umzügen statt, von denen man sich das ganze restliche Jahr erzählt. Vom anschließenden Gelage ganz zu schweigen.
Natürlich lässt es sich auch die Prominenz des Landes nicht nehmen, hier zu erscheinen. Es gibt keine bessere Gelegenheit, auf Tuchfühlung mit der Fanbase zu gehen.
Und er? Wird er auch kommen? Der junge Prediger und Aktionskünstler, der Wunderheiler und unbestechliche Kritiker der korrupten Elite? Man munkelt, sie brüten Pläne aus, sich dieses unbequemen Querkopfes zu entledigen. Ein für allemal.
Doch dann trifft die Nachricht ein: Er ist auf dem Weg. Gerade überquert er mit seinem Team den letzten Hügel vor dem Stadttor. Und seine Groupies rennen los. Schnappen sich Palmenzweige, reißen sich die Shirts vom Leib und singen aus Leibeskräften: Hosianna! Wir feiern dich! Willkommen du Retter! Du wirst uns befreien!
Große Hoffnungen setzen sie in ihn. Und er sitzt auf seinem Esel und weiß schon jetzt, daß er sie in ein paar Tagen bitter enttäuschen muss. Nicht zu siegen ist er gekommen, nicht, um sich feiern zu lassen von seinen Fans und auf der Welle der Begeisterung auf den Thron zu reiten. Das Lied, das sie ihm zusingen, erzählt eine andere Geschichte.
Der Star wird von seinen Fans verraten werden. Der Held wird besiegt werden, der Retter kann sich selbst nicht retten. Seine Gegner sind stärker als er. Viel stärker. Er hat keine Chance. Sie werden ihm seine Unterstützer rauben, seine Würde und schließlich das Leben.
Nur eines können sie ihm nicht nehmen: Sein Vertrauen in seinen Vater. Er weiß: Wer sich auf ihn verlässt, wer ihm die Treue hält, dem wird auch er die Treue halten und sein Leben retten.
Und der Vater wird das Vertrauen seines Sohnes belohnen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Johannes 12,12-19; Psalm 118
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