2. Sonntag im Advent

Ehrlich gesagt – mir ist gerade nicht nach Adventstimmung. Nicht nur deshalb, weil ich nach einem halben Jahr faktischer sozialer Isolation einem einsamen Weihnachtsfest entgegensehe. Auch weil mir der Gedanke an all die Existenzen, die gerade auf den verschiedensten Ebenen zugrunde gehen, täglich das Herz zerreißt. Und es ist kein Weg, kein echter Wille und kein Mittel in Sicht, diese Vernichtung von Leben, ökonomisch, sozial, psychisch und in vielen Ländern der Welt ganz physisch aufzuhalten. Dazu müssten die Machtstrukturen und die ökonomischen Verhältnisse radikal geändert werden. Diejenigen jedoch, die dazu die Ressourcen und die Macht hätten, werden die letzten sein, die das tun, denn sie müssten ihre Privilegien teilen und viel von ihrem überbordenden Reichtum abgeben. Und das wieder auf vielen Ebenen: Unrechtsherrscher gegenüber ihrer Bevölkerung, die „Erste Welt“ gegenüber der „Zweiten“ und „Dritten“, die Superreichen gegenüber allen anderen. Das ganze System ist so komplex und selbsterhaltend, dass man eigentlich nur noch verzweifeln kann.

Ich kann jedenfalls nicht mehr in die vorfreudig-hoffnungsvolle Stimmung einschwingen.

Hat der Text für diesen Sonntag irgendetwas dazu zu sagen?

Erstaunlicherweise spricht ausgerechnet heute Jesaja genau in diese Situation, eine verzweifelte Situation, in der deutlich wird, dass die Menschheit sich nicht aus eigener Kraft aus ihren Wegen der Ungerechtigkeit, der Selbstzerstörung und des Todes befreien kann. Ohne Gott in ihrer Mitte ist sie ihren „sündigen“ Dynamiken hilflos ausgeliefert. Deshalb fleht Jesaja: „Kehr zurück um deiner Knechte willen!“ Wir brauchen Gottes gnädiges Eingreifen in diese Zeit, deren Not wir selbst durch die rücksichtslose Ausbeutung von Natur und Menschen verursacht haben.

Ja, Gott kam an Weihnachten auf diese Erde, um die zerstörerische Sündendynamik ein für alle mal zu beenden. Doch noch leben wir in dieser von deren Mächten geschüttelten Schöpfung und sind darauf angewiesen, dass Gott selbst sich uns, jedem Einzelnen, jedem Volk, jedem Menschen mit Möglichkeiten und Verantwortung zuwendet, mit Weisheit und dem Willen zu gerechtem Handeln ausstattet, so dass Leid beendet und Leben ermöglicht wird.

Wer betet mit mir?

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