
Wie viele Menschen sitzen in diesen Tagen hinter ihren verschlossenen Türen – auf Anordnung der Behörden oder aus eigener Entscheidung, allein oder gemeinsam, einsam oder mit zu vielen anderen, mit Menschen, die ihnen gut tun und mit Menschen, die ihnen Böses antun. Und oft sitzt die Angst mit im Raum. Die Angst vor dem, was draußen lauert, oder die Angst vor dem, was drinnen droht. Manchmal ist die Angst selbst der verriegelte Raum, der Käfig, das Gefängnis, aus dem es kein Entkommen gibt.
Jesus will uns da raus holen. Er will uns aus der angstvollen Enge ins Weite, aus der eingeschlossenen Dunkelheit ins Licht führen. Aber er kommt nicht einfach von außen, bricht die Tür auf und schickt die Verängstigten hinaus. Er weiß, dass sich die Angst so nicht überwinden lässt. Stattdessen kommt er selbst hinein, hinter die Tür, die das Bedrohliche draußen halten soll. Er betritt den Angstraum und verwandelt ihn in einen Raum der Begegnung mit ihm, mit dem, der das Schlimmste überstanden hat, das uns geschehen könnte: der Tod, die endgültige Vernichtung unserer Integrität, das Ende aller Hoffnung auf ein lebenswertes Leben. Seine Gegenwart zeigt: Was auch immer geschieht – es ist nicht das Ende. Nach dem Leben geht es weiter. Selbst da, wo dieses Leben krachend gescheitert und in Schmerz, Schimpf und Schande untergegangen ist, schafft Gottes Lebenskraft ein Neues, einen Anfang, der kein Ende mehr haben wird, sondern sich in seiner Gegenwart entfalten, blühen, reifen und Frucht bringen wird, ohne jemals wieder gewaltsam abgeschnitten zu werden.
Mit diesem neuen Leben im Herzen können die Jünger selber die verrammelte Tür öffnen. Die Angst kann ihnen nichts mehr anhaben, denn sie wissen jetzt: Selbst das Schlimmste ist nicht das Letzte. Es gibt Zukunft. Es gibt Hoffnung und Heilung.
Sie werden ihre Angsträume verlassen und die Botschaft der Hoffnung nach draußen tragen, auf die Straßen und in die Angsträume derer, die noch hinter ihren Türen sitzen. Und Jesus wird sie begleiten, wird selbst immer wieder in die immer neuen Angsträume treten und sie in Räume der Begegnung verwandeln, der Begegnung mit ihm, der das Leben selbst ist.
Johannes 20,19-20